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Ernährungspolitik
Wir brauchen eine Ernährungsdebatte, die auf Fakten setzt. Die Bekämpfung von Übergewicht kann nur mit Maßnahmen gelingen, die die Kalorienbilanz in den Mittelpunkt stellen.
Unsere Positionen
Wir wissen, dass die Entstehung von Adipositas und Übergewicht viele Ursachen hat. Klar ist allerdings: Entscheidend für die Entstehung von Adipositas und Übergewicht ist eine unausgeglichene Kalorienbilanz. Wer mehr Kalorien aufnimmt als verbraucht, nimmt zu. Ganz egal, woher diese Kalorien kommen. Das ist der aktuelle Stand der Wissenschaft. (Zugrundeliegende Studien und Fakten haben wir hier zusammengestellt: Flyer Zucker & Körpergewicht)
Daher muss jede Maßnahme, die im Kontext der Übergewichtsprävention ergriffen wird, zu einer verringerten Kalorienaufnahme führen. Zudem muss der Zusammenhang zwischen Ernährung und Bewegung gesehen werden.
Die Ernährungsdebatte wird laut und kontrovers geführt. Zucker wird zum Sündenbock gemacht. Doch Zucker per se macht nicht krank und nicht dick. Scheinbar einfache Lösungen wie Obergrenzen, Strafsteuern oder Ampeln sollen gegen Übergewicht helfen. Dabei gibt es keine Studie die zeigt, dass konsumlenkende Maßnahmen die Menschen schlanker machen.
Wenn der Staat regulierend in die Essgewohnheiten der Menschen eingreift, muss er das auf Basis wissenschaftlich gesicherter Fakten tun. Klar ist zudem: Auf Dauer werden wir nur erfolgreich sein, wenn wir die Ernährungskompetenz der Menschen stärken und sie für die Bedeutung der Kalorienbilanz sensibilisieren.
- Entscheidend für das Körpergewicht ist die Kalorienbilanz. Deswegen sollte die Politik das Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung der Kalorienbilanz als Maßnahme zur Prävention von Übergewicht stärken.
- Staatliche Maßnahmen sollten Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage versetzen, kompetente Entscheidungen für eine ausgewogene Ernährung zu treffen, bei der sie die Kalorienbilanz im Blick haben.
- Konsumlenkende Maßnahmen, die einzig auf eine Zuckerreduktion abzielen, setzen den falschen Fokus.
- Rezeptänderungen gegen Übergewicht können nur helfen, wenn dadurch der Kaloriengehalt deutlich reduziert wird.
Auch in der Farm-to-Fork-Strategie der EU spielt das Thema Ernährung eine entscheidende Rolle. Unsere Positionen dazu finden Sie hier.
BMEL-Werbeverbote sind wissenschaftlich unbegründet
Das BMEL setzt bei der Übergewichtsprävention auf Werbeverbote und teilt Lebensmittel dafür anhand von Nährwertprofilen in gut und schlecht. Diesem Vorgehen fehlt jede wissenschaftliche Grundlage. Daran ändern auch die jüngsten Anpassungen nichts. Niemand wird davon schlank und der vielfältige Genuss unserer Lebensmittel bleibt auf der Strecke.
Die Zuckerwirtschaft unterstützt die Absicht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Kinder besser vor Übergewicht zu schützen. Entscheidend dafür ist es, die Gesamternährung und vor allem die Kalorienbilanz in den Blick zu nehmen. Das macht das BMEL nicht. Stattdessen unterteilt es Lebensmittel in gesund und ungesund, also in gut und schlecht. Weitreichende Werbeverbote sind die Konsequenz dieses realitätsfernen und wissenschaftlich unbegründeten Ansatzes.
Für die Einteilung der Lebensmittel in gut und schlecht bedient sich das BMEL sogenannter Nährwert- profile, welche in unterschiedlichen Produktkategorien Grenzwerte für einzelne Nährstoffe festlegen. Danach kommen Schokolade, Kuchen, Getränke, Eis und sogar Veggieprodukte auf die Abschussliste, sobald ein Gramm Zucker zugesetzt wurde. 70 % der Lebensmittel hält das Ministerium anhand seiner Kriterien für schlecht. Würde man unsere Lebensmittel generell an die Kriterien des BMEL anpassen, bliebe ein eintöniger Einkaufskorb und Teller übrig.
Zuckersteuer Deutschland
Die Zuckerwirtschaft unterstützt das Ziel, Übergewicht und Adipositas zu bekämpfen. Allerdings müssen dafür die tatsächlichen Ursachen an der Wurzel gepackt werden. Und das sind v.a. die Kalorien. Abgaben auf Zucker machen niemanden schlanker.
Es gibt derzeit keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine Zuckersteuer das Auftreten von Adipositas und Übergewicht verringert. Ja, Steuern können einen Einfluss auf das Konsumverhalten haben und eine Strafsteuer hat in Einzelfällen dazu geführt, dass der Zuckerkonsum aus Softdrinks zurück gegangen ist. Aber die Zahlen zeigen auch, dass das Übergewicht trotz sinkendem Zuckerkonsum nicht zurückgeht, teilweise sogar steigt (siehe bspw. Barquera 2020).
Dafür gibt es einen Grund: Der Fokus ausschließlich auf einen Nährstoff ist nicht zielführend. Wir sollten auf die Wissenschaft hören. Die sagt, entscheidend für das Körpergewicht ist die Kalorienbilanz – wer mehr isst, als er verbraucht, nimmt zu.
EFSA zu Zucker-Obergrenzen
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurde 2016 von fünf europäischen Ländern gebeten, eine wissenschaftlich fundierte tolerierbare Obergrenze für die Gesamtaufnahme von Zucker bzw. einzelnen Zuckerarten festzulegen. Am 28.02.2022 hat die EFSA ihr Gutachten vorgelegt.
Die EFSA kommt zu dem Ergebnis, dass sich ein Höchstwert nicht festlegen lässt. Zugleich spricht sie die ganz allgemeine Empfehlung aus, so wenig Zucker wie möglich aufzunehmen. „Diese Aufnahme-Empfehlung verwundert, denn die zugrundeliegende Datenbasis hält die EFSA selbst für unsicher. Gerade bei niedrigen Verzehrsmengen fehlen Daten. Nur eine sichere und belastbare wissenschaftliche Grundlage rechtfertigt politische Regulierung. Die hat die EFSA für diese Empfehlung jedoch nicht geliefert“, stellt Günter Tissen, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker, fest.
Generell gilt im Rahmen der ernährungspolitischen Debatte: Beim Kampf gegen Übergewicht und Zivilisationserkrankungen verstellt die isolierte Betrachtung des Zuckers den Blick auf die tatsächlichen Ursachen. Wer Zivilisationskrankheiten vorbeugen will, sollte auf einen gesunden Lebensstil achten. Dazu zählen eine insgesamt ausgewogene Ernährung und auch ausreichend Bewegung. Das ist der aktuelle Stand der Wissenschaft und durch zahlreiche Studien belegt.
Gesundheitsfaktor Bewegung
Schwimmen, Laufen oder Treppensteigen – Bewegung ist gut für Körper und Geist. Und jeder weiß, wer sich viel bewegt, verbraucht mehr Kalorien. Deshalb ist Bewegung auch für das Körpergewicht entscheidend, denn hier zählt die Bilanz aus Kalorienaufnahme und -verbrauch. Eine aktuelle Studie von OECD und WHO zeigt jedoch, dass jeder dritte EU-Bürger sich nicht ausreichend bewegt. Einer Eurobarometer-Umfrage von 2022 nach treiben 45 Prozent der EU-Bürger sogar gar keinen Sport. Dabei ist Bewegung und Sport auch für die körperliche Entwicklung entscheidend. Laut den Nationalen Empfehlungen für Bewegung sollten sich Kindergartenkinder deshalb täglich mindestens drei Stunden bewegen. Für 6- bis 18-Jährige sind es anderthalb Stunden sowie zwei bis drei Mal pro Woche Sport. Erwachsene sollten sich zweieinhalb Stunden pro Woche ausdauerorientiert bewegen, etwa durch Radfahren oder Gehen. Eine Empfehlung, der viele Erwachsene nicht nachkommen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ zeigt. Weniger als die Hälfte der Deutschen ist in ihrer Freizeit mehr als zwei Stunden pro Woche körperlich-sportlich aktiv. Dagegen sitzen rund 40 Prozent der Männer und 32 Prozent der Frauen mehr als sechs Stunden pro Tag. Auch Kinder leiden unter Bewegungsmangel. Nach der Schule verbringen sie viel Zeit vor einem Bildschirm. So sind es bspw. bei 12- bis 19-Jährigen laut JIM-Studie pro Tag durchschnittlich etwa zwei Stunden vor dem Fernseher, über drei Stunden im Internet und etwa anderthalb Stunden mit digitalen Spielen. Da bleibt kaum Zeit mehr für ausreichend Bewegung.
Kein Wunder, dass laut KIGGS-Studie des RKI fast drei Viertel aller Kinder und Jugendlichen das empfohlene Mindestmaß an täglicher Bewegung nicht erreichen. Dabei hat Bewegung einen großen positiven Einfluss auf ihre körperliche, soziale und psychische Entwicklung.
Bewegung und Ernährung gehören zusammen. Wer etwas für seine Gesundheit tun möchte, sollte auf ausreichend Bewegung und ausgewogene Ernährung achten. Anstatt über einzelne Zutaten, über Verbote und verwirrende Kennzeichnungen zu debattieren, sollten wir Menschen für diesen Zusammenhang sensibilisieren und sie dabei unterstützen, sich mehr zu bewegen.