Was suchen Sie?
Rohstoffverwertung
Aus der Zuckerrübe wird unser Rübenzucker herausgelöst, den wir als Raffinade oder andere Zuckersorten aus dem Supermarkt kennen. Aus der Rübe oder den bei der Verarbeitung entstehenden Nebenprodukten und Reststoffen lassen sich aber viele weitere Produkte herstellen. Sie haben auch das Potenzial, fossile Rohstoffe zu ersetzen.
Die Zuckerrübe ist ein vielseitiger und nachwachsender Rohstoff
Aus Zuckerrüben wird Zucker – nachhaltig und regional. Aber in der Rübe steckt mehr. Zuckerrüben werden komplett verarbeitet – so entsteht bei der Produktion von Zucker kein Abfall. Schon heute entstehen aus ihr neben Lebensmitteln auch Grundstoffe für die Pharma- und Chemieindustrie. Sie kann andere Industrie- und Lebensbereiche zudem bei der Erreichung der Klimaneutralität unterstützen.
Bei der Verarbeitung von Zuckerrüben werden dank Kreislaufwirtschaft 100 Prozent der Rübe verwertet. Das in ihr gespeicherte Wasser wird im gesamten Produktionsprozess mehrfach verwendet und am Ende gereinigt in die Natur zurückgegeben. Die Rübenblätter werden zu Naturdünger und sorgen für Humusaufbau. In der Rübe enthaltene Pflanzennährstoffe werden in der Zuckerfabrik vom Zucker getrennt und als Carbokalk zur Düngung verwendet. Mit dem Reststoff Zuckerrübenschnitzel lässt sich die Energie für alle Zuckerfabriken klimaneutral erzeugen. Schon 50 bis 70 Prozent der Rübenschnitzel würden dafür ausreichen.
Klimaneutrale Energiequelle
Bereits heute wird die Zuckerrübe als klimaneutraler Energieträger genutzt. Wer E10 Kraftstoff tankt, tankt ein Gemisch aus 90 % Benzin und 10 % Bioethanol – hergestellt u.a. aus nachhaltigen Zuckerrüben. Mit einem kleinen Teil der bei der Verarbeitung anfallenden Reststoffe, bspw. mit dem Abwasser aus der Rübenwäsche, wird heute auch Biogas erzeugt. Zukünftig können ebenso ausgelaugte Rübenschnitzel direkt in den Fabriken energetisch verwertet werden. Damit könnten Fabriken klimaneutral produzieren. Das aufbereitete Biogas kann zudem in das öffentliche Netz eingespeist werden.
Lesen Sie mehr dazu, wie die Zuckerindustrie plant, zukünftig klimaneutral zu produzieren: Die Klimaneutrale Zuckerindustrie
Wertvolle Rohstoffe für verarbeitende Industrie
Die Reststoffe der Zuckergewinnung sind wertvolle Rohstoffe für verschiedene Industrien. Melasse zum Beispiel wird in der Pharmazie für die Herstellung von Trägerstoffen in Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln genutzt. Die Hefeindustrie nutzt sie für die Produktion von Backhefe und u.a. für die Alkoholproduktion. Aus den Rübenblättern gewonnenes Protein ist ein Grundstoff für Fleischersatzprodukte. Das bei der Verarbeitung entstehende biogene CO2 kann von der Getränkeindustrie als Kohlensäure genutzt werden. Zudem werden bereits heute umweltfreundliche Verpackungen, Papier und Kunststoffe aus Zuckerrüben hergestellt.
Ersatz für fossile Rohstoffe
Die Potenziale für weitere Anwendungen der Rübe als Ersatz für fossile Rohstoffe sind groß, insbesondere in der chemischen Industrie. Fossile Ausgangsstoffe wie Erdöl können zukünftig durch Biochemikalien auf Basis von Zuckerrübenbestandteilen ersetzt werden. So können die biogenen und damit klimaneutralen Kohlenstoffe, die bei der Zuckergewinnung anfallen, perspektivisch für die Erzeugung von nachhaltigen Kunststoffen genutzt werden. Auch weitere Chemievorprodukte, E-Fuels oder grüner Wasserstoff lassen sich daraus gewinnen.
Auch künftig werden Zuckerrüben vor allem für die Herstellung von Lebensmitteln genutzt. Aber die Beispiele zeigen: Der nachwachsende Rohstoff Zuckerrübe hat das Potenzial, viele Industrie- und Lebensbereiche nachhaltiger zu gestalten. Die deutsche Zuckerindustrie treibt Innovationen voran, um diese Potenziale zu nutzen. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Defossilisierung des Landes und zum Erreichen der ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele.
Bestandteile einer Zuckerrübe
Die Zuckerrübe besteht vor allem aus Wasser – das wird bei der Verarbeitung aufgefangen und im gesamten Prozess genutzt, bspw. für die Rübenwäsche. Frischwasser wird so kaum benötigt. Am Ende wird das gereinigte Wasser an die Natur zurück gegeben. Der zweitgrößte Bestandteil einer Rübe ist Zucker. Über die letzten Jahrzehnte konnte der Anteil durch Züchtung auf 17-19 Prozent gesteigert werden und variiert je nach Witterung. Aber auch die restlichen Teile werden verwertet. Das Grün der Zuckerrübe bleibt bei der Ernte als Dünger auf dem Feld. Die Zellwand-Teile, also die Fasern der Rübe, sind verschiedentlich einsetzbar. Zum Beispiel kann darauf Bioenergie für das Betreiben der Fabrik gewonnen werden.
Produkte aus der Zuckerrübe
Natürlich ist vor allem unser Haushaltszucker ein Produkt aus der Rübenverarbeitung. Er entsteht ganz natürlich in der Zuckerrübe. Alles, was sie dazu braucht, sind Sonne, das Wasser aus dem Boden und Kohlendioxid aus der Luft. In der Zuckerfabrik schneiden wir die Rüben klein und lösen den Zucker mit heißem Wasser aus der Rübe. So entsteht eine Zuckerlösung, die wir so lange einkochen, bis sich Zuckerkristalle bilden. Bei dem ganzen Prozess wird der Zucker weder chemisch verändert noch enthält er andere Stoffe.
Aus Zucker- und stärkehaltigen Pflanzen kann Bioethanol gewonnen werden. In Deutschland kommen dafür hauptsächlich Futtergetreide und Zuckerrüben zum Einsatz.
Bioethanol dient als Alternative oder Beimischung zu fossilen Kraftstoffen und kann den CO2-Ausstoß von Verbrennungsmotoren zum Teil deutlich reduzieren.
Die nachhaltige Produktion von Biokraftstoffen ist in Deutschland seit 2011 gesetzlich geregelt. Die deutschen Hersteller nutzen die durch die EU-Kommission anerkannten Zertifizierungssysteme REDcert ISCC, welche alle Stufen des Produktionsprozesses von der Landwirtschaft bis zum Bioethanolhersteller erfassen. Mit der Internet-Anwendung „Nabisy“ (für Nachhaltige – Biomasse – Systeme) der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) müssen die Hersteller die in Deutschland notwendigen Nachhaltigkeitsnachweise von Biokraftstoffen erbringen, bevor sie von den Mineralölunternehmen in den Verkehr gebracht werden können. Die BLE veröffentlicht jährlich einen Evaluationsbericht auf Basis der Nabisy-Datenbank.
Übrigens: Rund 3,1 Mio. Tonnen CO2 sparten Autofahrer durch die Sorte E10 im Jahr 2018 ein. Der Anteil von Bioethanol, das aus Zuckerrüben hergestellt wurde, beträgt dabei so viel, dass umgerechnet rund 214.000 Autos ohne Emission fahren könnten.
Aus Bioethanol entsteht aber noch viel mehr als nur Biokraftstoff. Aus ihm lässt sich auch Desinfektionsmittel herstellen. Das ist wichtig für Krankenhäuser, Apotheken und viele mehr.
Während der Zuckerproduktion entstehen sogenannte Rübenschnitzel. Diese werden als Futtermittel für Rinder, Schweine, Schafe und Pferde eingesetzt. Je nach Weiterverarbeitung und Feuchtigkeitsgrad unterscheidet man „Nassschnitzel“, „Pressschnitzel“ und „Trockenschnitzel“. Um den Energiegehalt der Trockenschnitzel zu erhöhen, kann Melasse zugefügt werden. Man erhält dann so genannte „melassierte Trockenschnitzel“ bzw. „Melasseschnitzel“.
Melasse ist ein dickflüssiger, dunkelbrauner Zuckersirup. Sie enthält noch ungefähr 48-50 % Zucker. Der Sirup haftet nach der Kristallisation zunächst an den Zuckerkristallen und wird durch das Schleudern in Zentrifugen als einer der letzten Schritte der Zuckergewinnung gelöst. Die Melasse wird zum Großteil in der Futtermittelindustrie verarbeitet. Sie enthält allerdings nicht nur Zucker, sondern auch Proteine, Vitamine und Mineralstoffe. Daher wird sie beispielsweise auch in der Hefeindustrie, der Alkoholherstellung, der pharmazeutischen Industrie sowie der Biotechnologie eingesetzt.
Bei Carbokalk handelt es sich um einen Kalkdünger, der während der Verarbeitung von Zuckerrüben gewonnen wird. Er entsteht bei der Reinigung des Rohsaftes und enthält Kalk, Kohle und weitere organische Substanzen aus der Zuckerrübe. Als Dünger auf dem Feld sorgt er für einen gesunden und lockeren Boden und verbessert die Nährstoffaufnahme. Gleichzeitig bringt er wichtige Nährstoffe aus der Rübe zurück auf den Acker.
Aber auch die Blätter der Zuckerrübe dienen als Dünger. Sie bleiben nämlich bei der Ernte klein gehäckselt als natürlicher Gründünger auf dem Feld und bringen so Nährstoffe in den Boden. Zusätzlich wirken sich die Blätter positiv auf den Hummusaufbau aus.
Zucker statt Plastik – ja, das kann funktionieren. Hieran wird unter anderem intensiv geforscht. Zucker, auch aus der Zuckerrübe, eignet sich hierfür sehr gut als Rohstoff. So lassen sich zukünftig vielleicht sehr nachhaltige, zuckersüße Verpackungen herstellen.