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Klimaneutrale Zuckerindustrie

Die Zuckerwirtschaft in Deutschland unterstützt das Ziel eines klimaneutralen Europas und strebt dies für die eigene Produktion an. Dafür brauchen wir die politische Offenheit für eine energetische Nutzung biogener Reststoffe aus der eigenen Produktion.

Wir sind bereit, Zucker klimaneutral zu produzieren.

Die Zuckerindustrie steht in den Startlöchern, um ihre Energieversorgung CO2-neutral und unabhängig von Energieimporten zu gestalten. Als eine der ersten Branchen haben wir dafür eine konkrete Roadmap erarbeitet. Sie zeigt, um ausreichend schnell fossile Brennstoffe zu ersetzen, müssen wir auf Biogas aus Rübenschnitzeln umstellen. Sie bleiben bei der Zuckergewinnung als Reststoffe übrig. Mit nur 50-70% dieser Reststoffe können wir die Energieversorgung der Fabriken sicherstellen. Eine Win-Win Situation für das Klima und eine weiterhin sichere Lebensmittelversorgung. Die Technik ist heute verfügbar und wir könnten mit der Umstellung beginnen.

Damit das gelingt, kommt es vorerst auf die Ausgestaltung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie an, die „Renewable Energy Directive III“ (RED III). Sie wird derzeit auf EU-Ebene finalisiert. Die Zuckerwirtschaft hat sich intensiv dafür eingesetzt, dass Rübenschnitzel als klimaneutrale Brennstoffe in der Novellierung der RED III aufgenommen werden. Am Ende des EU-Trilogverfahrens gibt es dafür positive Signale: Reststoffe werden als klimaneutral angesehen. Die Zuckerindustrie kann damit einen erheblichen Beitrag zum Green Deal und zur Klimaneutralität Deutschlands und der EU leisten.

Bei der Überführung der Richtlinie in nationales Recht erwarten wir von der Bundesregierung nun vollen Rückenwind für die Klimaneutralität der Zuckerbranche. Die nationale Biomassestrategie muss die Chancen, die sich aus dieser EU-Richtlinie ergeben, nutzen und Zuckerrübenschnitzel als Reststoff für die Biogaserzeugung anerkennen.

Gelingt dies nicht, müssten wir für die Nutzung der Reststoffe teure CO2-Zertifikate erwerben und hohe Steuern zahlen. Die Existenz der Zuckerwirtschaft in Deutschland wäre gefährdet. Zudem ergäbe sich erneut ein Wettbewerbsnachteil gegenüber Zuckererzeugern aus Übersee. Denn für Reststoffe aus der Zuckerrohrproduktion aus Brasilien, die Bagasse, mit 10.000 km Transportweg, wären keine CO2-Zertifikate nötig.

Für unseren Vorschlag gibt es gute Argumente:

Teller, Trog und Klima – Auch künftig werden Zuckerrüben in der Zuckerfabrik vor allem für die Herstellung von Lebensmitteln genutzt. Vom Reststoff Zuckerrübenschnitzel werden lediglich 50 – 70 Prozent für die klimaneutrale Energiegewinnung benötigt. Die restliche Menge könnte weiterhin als Futtermittel eingesetzt werden.

Ausreichend Tierfutter bleibt – Rübenschnitzel machen mit ca. 1 bis 2 Prozent einen sehr geringen Teil auf dem Futtermittelmarkt aus. Es ist als kohlenhydratreiches Futtermittel kein Ersatz für Sojaimporte. Zudem ist die Produktion CO2-intensiv: Bevor Rübenschnitzel verfüttert werden, müssen sie getrocknet und transportiert werden. Noch dazu wird der Bedarf an Futtermitteln mit einer angestrebten Reduktion der Tierhaltung sinken. Schon heute werden Rübenschnitzel als Futtermittel bereits weit exportiert.

Strombetrieb oder Wasserstoff nicht realistisch – Unsere Roadmap zur Klimaneutralität zeigt, dass Energie- quellen wie Elektrifizierung oder Wasserstoff aufgrund der fehlenden Infrastruktur in ländlichen Räumen scheitern. Die Netze können die erforderliche Menge Energie nicht bereitstellen. Zudem würde die Zuckerwirtschaft beim Wasserstoff in Konkurrenz mit Branchen wie Stahl und Chemie stehen, die für das Erreichen der Klimaneutralität auf Wasserstoff angewiesen sind.

Unterstützung der klimapolitischen Ziele – Die Energieerzeugung aus Rübenschnitzeln unterstützt die klimapolitischen Ziele der EU und Deutschlands. Die Energie wird ausschließlich für die Rübenverarbeitung verwendet. Für die Nutzung von Biogas aus Rübenschnitzeln werden keine zusätzlichen Anbauflächen erforderlich sein. Denn die Reste bleiben bei der Zuckergewinnung einfach übrig.

Infografik klimaneutrale Zuckerproduktion Teller Tank Klima

Klimaneutral und ohne Energieimporte: Was konkret getan werden muss:

  • Politische Offenheit für eine energetische Nutzung biogener Reststoffe aus der eigenen Produktion – Mit den ausgelaugten Zuckerrübenschnitzeln der eigenen Produktion hätten wir ausreichend Substrat zur Verfügung, um unseren gesamten Energiebedarf zu decken. Diesen Weg haben wir in einer Roadmap zu einer klimaneutralen Zuckerproduktion bis 2045 dargestellt. Es sind Förderungen notwendig, damit heute Investitionen geleistet werden können, die sich durch den CO2-Preis gegenwärtig noch nicht mobilisieren ließen. Treibhausgasneutralität braucht außerdem den Ausbau von leistungsstarken Energienetzen – insbesondere im ländlichen Raum, wo Zucker hergestellt wird.
  • Umwelt-Dumping keine Chance geben – Die europäische Zuckerwirtschaft braucht einen wirksamen Carbon-Leakage-Schutz entlang der gesamten Produktionskette. Zucker aus Deutschland muss vor Importen geschützt werden, die unter „einfacheren“ Umweltauflagen produziert werden können. Umwelt-Dumping darf in Europa und Deutschland keine Chance haben.
  • Bezahlbare Energiekosten sicherstellen – Die Zuckerwirtschaft braucht einen verlässlichen ordnungspolitischen Rahmen, der auf lange Sicht bezahlbare und kalkulierbare Energiekosten sicherstellt.
  • Infrastruktur im ländlichen Raum ausbauen – Die Weiterentwicklung zur Treibhausgasneutralität erfordert leistungsstarke und stabile Energienetze – insbesondere mit Blick auf Szenario 3c, das auf Elektrifizierung durch grünen Strom setzt. Gerade im ländlichen Raum, also dort, wo Zucker hergestellt wird, sind diese oft noch nicht gegeben.
  • Zeitnah verfügbare Förderinstrumente bereitstellen – Die Zuckerwirtschaft braucht insbesondere Förderinstrumente für den Umstieg auf die treibhausgasneutrale Zeit. Fördermittel müssen helfen, die im Übergang entstehenden Wettbewerbsnachteile auszugleichen und die umfassenden Investitionen zu finanzieren. Diese Förderinstrumente werden jetzt gebraucht, da entsprechende Investitionsentscheidungen zeitnah getroffen werden müssen.

Zucker-Podcast zur Klimaneutralität

Die Zuckerwirtschaft kann unabhängig vom fossilen Gas und von Importen aus Russland werden. Welche Rolle sollte dabei Biomasse aus Zuckerrübenschnitzeln spielen? Das diskutieren Dr. Roland Geres von der futureCamp GmbH und Prof. Dr. Michael Nelles vom Deutschen Biomasseforschungszentrum.
Zum Podcast

Verarbeitung von Zuckerrüben braucht heute sichere externe Energie und kann zukünftig unabhängig sein

Aufgrund seiner technologischen Eigenschaften ist Zucker ein wichtiger Teil der Lebensmittelkette und eine funktionierende Zuckerproduktion auch in Krisenzeiten essentiell. Aber anders als das Endprodukt lässt sich der Rohstoff, die Zuckerrübe, nach der Ernte nur kurz lagern. Ihr hoher Zucker- und Wasseranteil lässt sie schnell verderben und damit unbrauchbar werden. Die Produktionszeit – die Zuckerkampagne – ist damit zeitlich begrenzt und nicht verschiebbar. Besonders während dieser Zeit bedarf es einer sicheren Energieversorgung. Und das bedeutet aktuell vor allem die Verfügbarkeit von gasförmigen Brennstoffen. Denn als eine der ersten Industrien hat sich die Zuckerindustrie auf den Weg zur Klimaneutralität begeben. Viele Fabriken wurden vorausschauend mit hohen Investitionen von Kohle auf Gas umgestellt. Gleichzeitig können die kleingeschnittenen Rübenreste, die bei der Zuckerproduktion nach Herauslösen des Zuckers übrigbleiben, als Energieträger genutzt werden – etwa für Biogas. Dies bedeutet in der aktuellen Krise: Um ihren aktiven Beitrag zur Ernährungs- und Energiesicherheit leisten zu können, müssen Zuckerfabriken kurzfristig zuverlässig Gas erhalten und mittelfristig eigene Reststoffe als Energieträger nutzen dürfen.