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EU-Pläne zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gefährden Zuckerbranche

Position der Zuckerwirtschaft zum Verordnungsvorschlag für die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR).

Farmdroid Roboter im Einsatz auf Feld

Der aktuelle Verordnungsvorschlag für die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) der EU-Kommission gefährdet den Zuckerrübenanbau in Deutschland. Er sieht ein komplettes Verbot von Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten vor und soll helfen, die Ziele der Farm-to-Fork- Strategie zu erreichen. Der Entwurf verkennt: Ganz ohne chemischen Pflanzenschutz lässt sich heute kein konventioneller oder ökologischer Rübenanbau betreiben.

Laut Deutschem Bauernverband liegen mehr als 3,5 Millionen Hektar Ackerflächen und intensive Kulturflächen in Schutzgebieten (vgl. Landschaftsmodell Thünen Institut). Vielerorts könnten sie nicht mehr bewirtschaftet werden, auch nicht ökologisch. Das wäre auch das Aus für die Zuckerrübe, die sich aufgrund ihrer Eigenschaften gut für den Anbau in Schutzgebieten eignet. Im Einzugsgebiet einiger Fabriken liegen deshalb große Teile der Rübenanbauflächen in solchen Gebieten. Fallen diese Rüben weg, lohnt sich ihr Betrieb nicht mehr.

Innovationen sind besser als pauschale Pflanzenschutz-Verbote

Dabei hat Deutschland die bisher geltende EU-Richtlinie vollumfänglich umgesetzt. Die Zuckerwirtschaft hat als erste Branche überhaupt Leitlinien für den integrierten Pflanzenschutz erarbeitet, deren Umsetzung im Rahmen des Vertragsanbaus für Zuckerrübenanbauer verbindlich ist. Das Ergebnis ist eine Kette von Maßnahmen, bei der chemische Pflanzenschutzmittel so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig zum Einsatz kommen. Dieser Erfolg darf nicht umsonst sein.

Darüber hinaus investiert die Branche in innovative Alternativen. Auf Versuchsfeldern wird erforscht, wie Blühstreifen zum Lebensraum für Nützlinge werden, die Schädlinge fressen. Das Rüben-Experimentierfeld

„Farmer Space“ beschleunigt die Anwendung digitaler Technologien in der Praxis. Weitere Projekte suchen die optimale Kombination von mechanischer Unkrauthacke und digital gesteuerten punktuellen Pflanzenspritzungen. Dies sind nur drei Beispiele von vielen.

Die geplante Verordnung würde diese Anstrengungen zunichtemachen. Anbauflächen gingen verloren und Verarbeitungsstandorte wären gefährdet. Deshalb ist der Vorschlag in der jetzigen Form abzulehnen und neu zu justieren. Statt pauschale Verbote und Reduktionsziele ohne einsatzbereite Alternativen festzulegen, müssen Innovationen gefördert und deren Anwendung möglich werden. Dazu zählen auch neue Züchtungstechniken. Ebenso sollte die Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln mit geringerem Risiko und von innovativen Ansätzen wie RNA-Sprays beschleunigt und EU-weit harmonisiert werden.

Hören Sie mehr in unserem Podcast

Die Umsetzung des aktuellen Verordnungsentwurfs würde bedeuten, dass auf vielen Flächen konventioneller oder ökologischer Ackerbau nicht mehr möglich wäre. Auch kein Rübenanbau. Fielen diese Flächen weg, würden in einigen Regionen nicht mehr genug Rüben übrigbleiben, um eine Fabrik auszulasten.

In unserem Zucker-Podcast diskutieren Bernhard Conzen, Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbands und Vorsitzender der Rheinischen Rübenanbauer sowie Bernd Bulich, als Landwirt aktiv im Verein Drüber und Drunter, über die Praxistauglichkeit der EU-Pläne. „Das Kind nicht mit dem Bade ausschütten“ – das ist die Forderung von Bernhard Conzen an die Europäische Kommission. Bulich fordert von der Politik, Landwirten die Zeit zu geben, ihre Betriebe noch ökologischer zu machen. Um Pflanzenschutzmittel einzusparen, brauchen Landwirte Alternativen, die es zurzeit noch nicht gibt.

Zum Zucker-Podcast mit Bernhard Conzen und Bernd Bulich

Integrierter Pflanzenschutz (IPS) im Zuckerrübenanbau

Der integrierte Pflanzenschutz (IPS) bezeichnet eine Kette von Maßnahmen, die den Schädlingsbefall auf natürliche und mechanische Weise verhindern und bekämpfen soll. Der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel steht dabei erst am Ende dieser Kette und erfolgt unter der Maßgabe: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Die Zuckerwirtschaft hat als erste Branche überhaupt bereits im Jahr 2011 Leitlinien für den integrierten Pflanzenschutz erarbeitet, deren Umsetzung im Rahmen des Vertragsanbaus für Zuckerrübenanbauer seit dem verbindlich ist.

Vorbeugen

Acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen stärken die Ackerfrucht und beugen so dem Schädlingsbefall vor. Dazu gehören die Wahl eines geeigneten Standorts, von Aussaatterminen und -dichte, die konser- vierende Bodenbearbeitung, ausgewogene Düngemaßnahmen, die Verwendung von gesundem Saat- oder Pflanzgut sowie der Anbau in vielfältiger Fruchtfolge.

Gezielte Schutzmaßnahmen um den Schädlingsbefall präventiv einzudämmen.

Die Pflanzenzüchtung kann neue Sorten entwickeln, die gegenüber bestimmten Schädlingen weniger anfällig sind. Allerdings ist das ein sehr langwieriger Prozess. Die CRISPR/Cas Methode kann den natürlichen Züchtungsprozess deutlich beschleunigen und sollte daher neu bewertet werden.

Das Monitoren der Anbauflächen gibt Aufschluss darüber, ob und in welchem Maße eine Feldfrucht von Schädlingen und Unkräutern befallen und gefährdet ist. Es bildet die Grundlage für die Planung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Schädlingsbefalls.

Bekämpfen

Physikalische Maßnahmen sind mechanische Methoden wie die Unkrautbekämpfung durch hacken, striegeln oder bürsten, das Absammeln von Schädlingen, Schädlingsfallen oder auch thermische Methoden (abflämmen).

Biologische Maßnahmen bieten Nützlingen, den natürlichen Feinden von Schädlingen, attraktive Lebens- räume. Zu den biologischen Maßnahmen gehört auch der Einsatz von Mikroorganismen und Naturstoffen wie Pflanzenöle, Pflanzenextrakte oder Kaliseife.

Biotechnische Verfahren bezeichnen den Einsatz synthetisch hergestellter Pheromone, also Sexuallockstoffe. Sie locken Schädlinge in Fallen oder verhindern deren Paarung und Vermehrung, indem sie die Männchen verwirren.

Chemische Maßnahmen werden so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig eingesetzt, wenn wirksame Alternativen nicht verfügbar sind. Es wird zudem an Methoden geforscht, Mittel nur sehr gezielt direkt an der kleinen Rübenpflanze auszubringen.