Dem Klimawandel mit neuen Züchtungstechniken begegnen
Neue Züchtungstechniken (NTZ) bieten eine große Chance um schneller als bisher neue Sorten zu entwickeln. Dies ist ein zentraler Baustein für einen Rübenanbau, der besser mit Klimaveränderungen klar kommt und weniger Pflanzenschutzmittel braucht.

Der Klimawandel stellt Landwirte vor neue Herausforderungen. Mehr Vielfalt auf dem Acker ist dabei Teil der Lösung und die Zuckerrübe hier eine gute Wahl. Mit Wärme und Trockenheit kommt sie v.a. aufgrund der Anbauzeit etwas besser zurecht als andere hiesige Ackerpflanzen. Gleichzeitig sichert sie die Versorgung mit regional erzeugtem Zucker in Deutschland. Gegen den mit dem Klimawandel ebenfalls steigenden Schädlingsdruck braucht die Rübe aber wirksame Hilfen.
Ein neuer Schädling ist zum Beispiel die Schilf-Glasflügelzikade. Sie überträgt Bakterien, die die Krankheit SBR auslösen und dadurch den Zuckergehalt der Rübe senken. Wirksame Insektizide gibt es nicht, und ackerbauliche Maßnahmen erzielen nur lindernde Effekte, halten die Zikade aber nicht von den Rüben ab. Ein weiteres Beispiel sind Blattläuse, die Vergilbungsviren übertragen. Gegen sie helfen nur Neonicotinoide, weshalb diese in vielen Ländern per Notfallzulassung eingesetzt werden dürfen. In Deutschland gibt es eine solche Notfallzulassung nicht und damit auch keinen wirksamen Schutz.
Warum Neue Züchtungstechniken helfen können
Wir forschen intensiv an neuen Verfahren im Rübenanbau, um Klimaveränderungen zu begegnen. Aber das braucht mehr Zeit, als uns der Klimawandel lässt. Zugleich sollen Pflanzenschutzmittel weiter reduziert werden, obwohl heute schon wichtige Wirkstoffe fehlen. Eine große Chance bieten neue Züchtungstechniken (NTZ). Sie ermöglichen eine schnelle Züchtung von Sorten, die resistent gegen Pflanzenkrankheiten sind. Denn mit neuen Verfahren kann eine gewünschte Mutation im Pflanzengen ganz gezielt ausgelöst werden. Dies erfolgt ohne das Einbringen artfremden genetischen Materials. Es ist also unbedenklich, weil der gleiche Vorgang auch bei der klassischen Züchtung stattfindet, dort aber eher zufällig, ungezielt und damit nur in langwierigen Verfahren erreicht wird. Statt also weitere Pflanzenschutzmittel ohne wirksame Alternativen zu verbieten, sollten die Chancen neuer Züchtungstechniken genutzt werden.
Was muss konkret passieren?
Mit neuen Züchtungstechniken gewonnene Pflanzen kann man von konventionell gezüchteten Pflanzen nicht unterscheiden. Auch bei importierten Produkten aus Übersee ist dies nicht möglich. Dort gelten NZT-Pflanzen nicht als Gentechnik. Dennoch hat der Europäische Gerichtshof auf Grundlage des alten Gentechnikrechts 2018 alle NZT-Pflanzen pauschal als genetisch veränderte Organismen (kurz: GVO) eingestuft und damit ihren Anbau praktisch unmöglich gemacht. Das ist wissenschaftlich überholt. Wir brauchen deshalb einen an den Stand der Wissenschaft angepassten rechtlichen Rahmen für neue Züchtungstechniken. Das wäre ein Innovationsbooster für Ernährungssicherheit, Biodiversität und sichere Erträge in der Landwirtschaft.
Hören Sie mehr in unserem Podcast
Wie können neue Züchtungsmethoden der Landwirtschaft helfen, die Folgen des Klimawandels zu meistern? In unserem Zucker-Podcast diskutieren dazu Prof. Dr. Christian Jung, der als Direktor des Plant Breeding Institutes an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel unter anderem an der Zuckerrübe forscht. Im Jahr 2005 hat er für seine Forschungsarbeit den renommierten Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis erhalten. Die zweite Gesprächspartnerin ist Dr. Jana Streubel vom Institut für Pflanzengenetik an der Leibniz Universität Hannover, die sich in ihrer jüngsten Publikation aus dem Jahr 2022 damit auseinandersetzt, wie man Getreide durch eine Veränderung der genetischen Ausstattung resistent gegen bestimmte Schädlinge machen kann.
TV-Tipp:
Ein sehr gute Aufbereitung des Themas gab es in der ZDF Sendung „Maithink X“ mit Dr. Mai Thi Nguyen-Kim vom März 2022: