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Zucker & Körpergewicht

Mit höchster wissenschaftlicher Aussagekraft lässt sich eindeutig zeigen, dass die Kalorienbilanz entscheidend für das Körpergewicht ist. Wer mehr Kalorien aufnimmt als er verbrennt, nimmt an Gewicht zu. Dabei ist die Quelle der Kalorien egal.

Weitere Risikofaktoren für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas sind die genetische Veranlagung, mangelnde Bewegung sowie psychische Faktoren wie Stress oder Schlafmangel. Hierdurch verändert sich die persönliche Kalorienbilanz.

Übergewicht hat viele Ursachen: Die Situation in Deutschland

Es ist wahr: Auf der ganzen Welt nimmt die Anzahl übergewichtiger und adipöser Menschen zu (1). Doch wie sieht es in Deutschland aus? Das Robert Koch-Institut (RKI) hat 2013 seine Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland veröffentlicht und festgestellt, dass mehr als 50 Prozent der Erwachsenen übergewichtig oder adipös sind. Zwar hat sich der Anteil übergewichtiger Erwachsener nicht weiter erhöht, der Anteil adipöser Erwachsener aber schon (2). Dabei steigt der Anteil übergewichtiger und adipöser Menschen in Deutschland mit dem Alter an.

Zur Ermittlung, ob eine Person normalgewichtig, untergewichtig, übergewichtig oder adipös ist, wird mittels des Körpergewichts und der Körpergröße der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) berechnet.

Entscheidend ist die Kalorienbilanz

Die Risikofaktoren für Übergewicht und Adipositas sind vielfältig. Die Hauptursache ist allerdings immer eine unausgewogene Kalorienbilanz. Das heißt, es werden mehr Kalorien aufgenommen, als verbraucht werden. Dies zeigen systematische Reviews und Metaanalysen, die sich mit der Nahrungsaufnahme und dem Körpergewicht befasst haben (4, 5). Systematische Reviews und Metaanalysen fassen alle Studien zu einem Thema zusammen und werten diese aus, dadurch haben sie eine sehr hohe wissenschaftliche Aussagekraft.

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Gesundheitsfaktor Bewegung

Eine aktuelle Studie von OECD und WHO zeigt jedoch, dass jeder dritte EU-Bürger sich nicht ausreichend bewegt. Einer Eurobarometer-Umfrage von 2022 nach treiben 45 Prozent der EU-Bürger sogar gar keinen Sport.

Dabei ist Bewegung und Sport auch für die körperliche Entwicklung entscheidend. Laut den Nationalen Empfehlungen für Bewegung sollten sich Kindergartenkinder deshalb täglich mindestens drei Stunden bewegen. Für 6- bis 18-Jährige sind es anderthalb Stunden sowie zwei bis drei Mal pro Woche Sport. Erwachsene sollten sich zweieinhalb Stunden pro Woche ausdauerorientiert bewegen, etwa durch Radfahren oder Gehen.

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Zucker und Körpergewicht: Ergebnisse aus systematischen Reviews und Metaanalysen

Die neuseeländische Wissenschaftlerin Lisa Te Morenga und ihr Team untersuchten im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem systematischen Review und Metaanalyse den Zusammenhang von Körpergewicht und sogenannten freien Zuckern (alle Zuckerarten, die Speisen und Getränken beigefügt werden, sowie Zucker, der natürlich in Honig, Sirup, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften vorkommt). Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass Zucker das Körpergewicht nur ansteigen lässt, wenn man mehr davon isst als man verbrennt. Zucker per se führt nicht zu einer Gewichtszunahme (4).  Es kommt also auf die Kalorienbilanz an, auch bei Zucker. Dieses Ergebnis wurde 2017 nochmal durch einen weiteren systematischen Review und Metaanalyse einer unabhängigen Arbeitsgruppe bestätigt (6).

Dass die Kalorienbilanz entscheidend ist, lässt sich auch mit der ewigen Frage darum, ob man lieber Kohlenhydrate („Low-Carb“) oder Fette („Low-Fat“) einsparen soll, beantworten. Ein systematischer Review und Metaanalyse aus dem Jahr 2017 kam zu dem Ergebnis, dass sich weder eine Ernährungsform mit einem geringeren Fettanteil noch eine mit hohem Kohlenhydratanteil (bei gleicher Kalorienmenge) hinsichtlich des Körperfettanteils unterschied (5). Mit anderen Worten: „Eine Kalorie ist eine Kalorie“.

Man sollte also auf die Kalorienmenge achten, die man täglich zu sich nimmt. Dabei ist der tägliche Bedarf an Kalorien von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dieser hängt unter anderem vom Körpergewicht, der Körperzusammensetzung, dem Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand und ganz maßgeblich von der körperlichen Bewegung ab (7). Auch die genetische Veranlagung und psychische Faktoren wie Stress oder Schlafmangel haben Einfluss auf die persönliche Kalorienbilanz und somit auf das Körpergewicht (9).

Ein niedriger Zuckergehalt bedeutet nicht gleich wenige Kalorien

Obwohl es wissenschaftlicher Konsens ist, dass die Kalorienbilanz für das Körpergewicht entscheidend ist, werben viele Lebensmittel mit Slogans wie „weniger Zucker“ oder „zuckerreduziert“. Die Aufschriften sind irreführend, denn Verbraucher wissen oftmals nicht, dass weniger Zucker nicht gleich weniger Kalorien bedeutet.

Die Energiedichte, also die Kalorienmenge, von Lebensmitteln hängt wesentlich von deren Nährstoffzusammensetzung ab und wird in Kilokalorien (kcal) pro Gramm (g) angegeben. Fett hat 9 kcal/g, Alkohol 7 kcal/g, Proteine 4 kcal/g und Kohlenhydrate (hierzu gehört auch Zucker) 4 kcal/g. Die Energiedichte von Lebensmitteln wird maßgeblich durch den Fett- und Wassergehalt bestimmt. Da Wasser keine Kalorien hat, senkt ein hoher Wasseranteil die Energiedichte, wohingegen ein hoher Fettanteil zu einer erhöhten Energiedichte führt (9). Für die Regulation des Körpergewichts ist es unvermeidlich, sich genau mit der Energiedichte von Lebensmitteln zu beschäftigen.

Eine Verminderung des Zuckergehalts führt nicht zwangsläufig zu kalorienreduzierten Lebensmitteln. Abbildung 5 zeigt am Beispiel von Frühstückscerealien, dass der Verbraucher bei zuckerreduzierten Varianten nicht immer einen Vorteil durch eine verringerte Energiedichte hat. Das liegt vor allem daran, dass der Kohlenhydratanteil konstant bleibt. Entfernt man Zucker aus einem Lebensmittel, muss dieses durch andere Kohlenhydrate, Eiweiß oder Fett ersetzt werden. Dadurch bleibt die Energiedichte gleich oder kann sich im Falle von Fett sogar erhöhen.

Übrigens: Limonaden

Immer wieder wird der Zucker in Erfrischungsgetränken für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas in Deutschland verantwortlich gemacht. Betrachtet man die Verzehrsdaten der Nationalen Verzehrsstudie II für Erwachsene fällt auf, dass Männer im Durchschnitt gerade mal 2,2 % und Frauen 1,1 % der täglichen Kalorienzufuhr durch Limonaden aufnehmen (10). Es ist somit sehr fragwürdig, ob diese geringen Mengen für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas verantwortlich sind, wenn gut 98 – 99 % der Kalorien durch andere Lebensmittel aufgenommen werden. In den letzten Jahren ist der Konsum von Limonaden bei Kindern und Jugendlichen übrigens immer weiter zurückgegangen (11, 12).

Bei allen kalorischen Getränken muss auch beachtet werden, dass diese bei gleichem Kaloriengehalt einen geringeren Sättigungseffekt haben als feste Lebensmittel. Dies gilt nicht nur für Limonaden, sondern auch für Fruchtsäfte oder alkoholische Getränke. Obwohl man bereits flüssige Kalorien aufgenommen hat, macht sich das für den Körper nicht so stark bemerkbar wie bei einem festen Lebensmittel. Die Folge ist, dass man bei der nächsten Mahlzeit oftmals mehr Kalorien aufnimmt oder der tägliche Kalorienbedarf durch den geringeren Sättigungseffekt schnell überschritten wird.  Daher sollten alle kalorischen Getränke hinsichtlich der Regulation des Körpergewichts gleich bewertet werden (9, 13).

Weitere Studien zu Zucker & Ernährung

Mit unserem Studienservice weisen wir auf wissenschaftliche Arbeiten hin, die sich mit Ernährungsfragen rund um Kalorien und/oder Zucker beschäftigen. Die letzten Ausgaben finden Sie hier.

1 Ng, M. et al. Global, regional, and national prevalence of overweight and obesity in children and adults during 1980-2013: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2013. Lancet 384, 766–781 (2014).

2 Mensink, G. B. M. et al. Overweight and obesity in Germany: results of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1). Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 56, 786–794 (2013).

3 Schienkiewitz, A., Brettschneider, A.-K., Damerow, S. & Schaffrath Rosario, A. Overweight and obesity among children and adolescents in Germany. Results of the cross-sectional KiGGS Wave 2 study and trends. Journal of Health Monitoring (2018).

4 Morenga, L. T., Mallard, S. & Mann, J. Dietary sugars and body weight: systematic review and meta-analyses of randomised controlled trials and cohort studies. BMJ 346, e7492 (2013).

5 Hall, K. D. & Guo, J. Obesity Energetics: Body Weight Regulation and the Effects of Diet Composition. Gastroenterology 152, 1718-1727.e3 (2017).

6 Fattore, E., Botta, F., Agostoni, C. & Bosetti, C. Effects of free sugars on blood pressure and lipids: a systematic review and meta-analysis of nutritional isoenergetic intervention trials. Am. J. Clin. Nutr. 105, 42–56 (2017).

7 Deutsche Geselschaft für Ernährung, (DGE). Ausgewählte Fragen und Antworten zur Energiezufuhr. https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faqs/energie/ (Zugriff: 07.02.2020).

8 Hummel, E., Witting, F., Schneider, K., Gebhardt, N. & Hoffmann,I. The complex interaction of causing and resulting factors of overweight/obesity. Increasing the understanding of the problem and deducing requirements for prevention strategies. Ernaehrungs Umschau international 60(1): 2–7., (2013).

9 Bechthold, A. Food energy density and body weight. A scientific statement from the DGE. Ernahrungs Umschau 61(1): 2–11,(2014).

10 Bagus, T., Roser, S. & Watzl, B. Reformulierung von verarbeiteten Lebensmitteln – Bewertungen und Empfehlungen zur Reduktion des Zuckergehalt. (2016).

11 Lampert, T. et al. Gesundheitliche Ungleichheiten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – Zeitliche Entwicklung und Trends der KiGGS-Studie. (2019).

12 Perrar, I., Schadow, A. M., Schmitting, S., Buyken, A. E. & Alexy,U. Time and Age Trends in Free Sugar Intake from Food Groups among Children and Adolescents between 1985 and 2016. Nutrients 12, 20 (2020).

13 Prinz, P. The role of dietary sugars in health: molecular composition or just calories? Eur J Clin Nutr (2019).