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Eine Verantwortung aller

#3 Bio-Rübenzucker

30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche soll laut Bundesregierung bis 2030 für den biologischen Anbau genutzt werden. Wie ambitioniert ist dieses Ziel? Was macht den Bio-Rübenanbau aus? Und wie können Politik und Verbraucher mehr Bio-Anbau unterstützen? Das diskutieren Stefan Mayr, Bio-Landwirt aus Bayern und Josef Brunnbauer, Geschäftsführer vom Bioverband Biokreis im aktuellen Zucker-Podcast.

Zusammenfassung der Folge

Bio-Rübenanbau liegt in der Verantwortung aller und braucht konventionellen Anbau

Lange konnte Bio bei Zucker nicht abgebildet werden, deshalb wurde er importiert. “Aber jetzt sind wir auf einem guten Weg mit dem Bio-Rübenanbau in Deutschland. Das Produkt braucht sich bei der Klimabilanz und Nachhaltigkeit auch nicht verstecken. Da schneidet der Rübenzucker deutlich besser ab als sein südamerikanischer Kollege”, sagt Josef Brunnbauer, Geschäftsführer von Biokreis e.V. Das bestätigt auch Bio-Anbauer Stefan Mayr. „Ich bin regelmäßig unglücklich, wenn ich auf einer Packung Bio-Rohrzucker als Zutat sehe und nicht Rübenzucker. … Wir brauchen das Biozucker nicht um die halbe Welt fahren, wenn wir es auch bei uns kriegen.” Neben der Klimabilanz nennt er auch Sozialstandards, die hierzulande deutlich besser sind.

Bio-Rübenanbau geht nicht ohne konventionellen Anbau

Den größten Teil in der Zuckerherstellung macht natürlich trotzdem der konventionell erzeugte Zucker aus. Und ohne den wäre vorerst auch kein Bio-Rübenanbau möglich, meint Stefan Mayr. Denn auch im Bio-Bereich braucht es bspw. Saatgutzüchtung. “Für die paar Biorüben würde vermutlich kein Züchtungshaus hingehen und uns extra Sorten zur Verfügung stellen. Und auch eine Fabrik könnte nicht ohne konventionellen Anbau betrieben werden. Man redet von ca. 120 Verarbeitungstagen in der Fabrik in der Kampagne. Ohne dass ich es genau weiß, aber ich schätze der Bioanteil liegt dabei bei 15 Tagen oder 20 Tagen. Davon lässt sich eine Fabrik einfach nicht betreiben.”

Ein Grund für den geringen Bioanteil ist wahrscheinlich der Aufwand. Das fängt bei der Umstellung an. „Wenn ich als Landwirt auf Bio umstelle gibt es eine 2-jähirge Umstellungsphase. … Erst ab dem 3. Anbaujahr kann man anerkannte Bio-Ware erzeugen“, sagt Mayr. Hinzu kommt ein deutlicher höherer Arbeitsaufwand im Anbau. “Man rechnet bei der Bio-Rübe grob 150 Stunden pro Hektar Handarbeit zum Unkrautentfernen.” Er selbst hat den Aufwand etwas minimiert indem er in einen sehr teuren Feldroboter investiert hat. Der hackt einen Großteil des Unkrauts selbstständig. Trotzdem bleiben ca. 50 Stunden für die Feinarbeit per Hand.

30% ökologischer Anbau – aktuell ein zu ambitioniertes Ziel

Den Anteil von Bio auf 30 Prozent anzuheben hält Josef Brunnbauer für ein sehr ambitioniertes Ziel: „Ich sehe das Ziel aktuell eher in weitere Ferne gerückt.“ Die Herausforderung sieht er vor allem darin, dass Bio-Produkte vom Markt nur zurückhaltend nachgefragt werden. Fördern ließe sich die Nachfrage jedoch dennoch, meint er: „Man könnte den Markt natürlich auch politisch entwickeln, indem man z.B. das Thema Großküchen oder Außerhausverpflegung noch einmal anders anpackt. Da gibt es gute Beispiele wie  Skandinavien, wo es eine konkrete Quote gibt für Bio in der Außerhausverpflegung und in der Großküche. Da müssen wir bei uns auch hinkommen.“

Stefan Mayr stimmt zu. Er beobachtet derzeit einen Rückgang in der Nachfrage nach Bioprodukten: „Und momentan geht das Geld woanders raus. Für Energie. Für Lebensmittel insgesamt, die teurer geworden sind. Und woran sparen die Leute als erstes? Am Essen.“ Daher hält er Ziele wie das 30%-Ziel auch nicht für die richtige Lösung: „Ich möchte weiterhin einen Biomarkt haben, der von sich aus wächst. Sonst macht man den Biomarkt unter Umständen genauso kaputt, wie den konventionellen Markt.“

“Von unserem Landwirtschaftsminister wünsche ich mir, dass er sich wirklich einen Überblick darüber verschafft, was draußen bei den Bauern gerade passiert. Dass er sich über die Ängste der Landwirte einen Überblick verschafft und dass er die politischen Weichen danach stellt, was in der Praxis wichtig ist“, fordert Brunnbauer.