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EU-Zuckerpolitik nach Abschaffung der Quoten

Am 26. Juni 2013 fiel in Brüssel eine für die deutsche und europäische Zuckerwirtschaft wichtige Entscheidung. Europäisches Parlament und Europäischer Rat beschlossen gemeinsam, die Regeln der damals geltenden Zuckermarktordnung ein letztes Mal bis zum 30. September 2017 zu verlängern.

Was regelte die Zuckerquote

Die jahrzehntelang geltende Zuckermarktordnung der EU sollte Preise stabil halten und die Zuckerbauern vor billigen Importen schützen. Über eine Quote war geregelt, wie viel Menge Zucker produziert werden durfte, Zuckerfabriken mussten den Landwirten einen Mindestpreis zahlen und die Exportmengen waren durch die Quotenregelung ebenfalls gedeckelt.

Änderungen seit Abschaffung der Quote

Am 30. September 2017 lief diese Zuckermarktordnung aus. Für die Zeit nach diesem Stichtag wurden weitreichende Veränderungen beschlossen. Nationale Zuckerquoten und Rübenmindestpreise, die über viele Jahre die zentralen Elemente der alten Marktordnung bildeten, gehören seit dem nicht mehr zum zuckerpolitischen Instrumentarium der EU.

Mit dem 1. Oktober 2017 sehen die zuckerspezifischen Regelungen innerhalb der EU-Agrarpolitik folgende Elemente vor:

  • Präferenzeinfuhren aus verschiedenen Ländern, darunter unbeschränkte zollfreie Importe aus den am wenigsten entwickelten Ländern und den AKP-Staaten sowie zollfreie oder zollreduzierte Einfuhrkontingente im Rahmen von Freihandelsabkommen; für Einfuhren aus sonstigen Drittländern gilt der Regelzollsatz;
  • Möglichkeit einer Beihilfe zur privaten Lagerhaltung; Entscheidung durch die Europäische Kommission unter Berücksichtigung der Referenzschwellenwerte für Weiß- und Rohzucker;
  • Verpflichtung zum Abschluss von Branchenvereinbarungen zwischen Rübenanbauern und Unternehmen der Zuckerindustrie;
  • offizielle Preisberichterstattung der EU-Kommission;

Nach der Abschaffung der Quotenregelung sowie des Rübenmindestpreises und durch den bereits seit vielen Jahren geltenden Verzicht auf Exporterstattungen beschränkt sich die Zuckerpolitik der Europäischen Union somit auf den Schutz des Binnenmarktes vor subventionierten Importen aus Drittstaaten und die Beihilfe zur privaten Lagerhaltung. Schutz vor unfairem Wettbewerb ist für die europäische Zuckerwirtschaft von existenzieller Bedeutung, da nahezu alle großen Zuckererzeugerländer ihre Produktion stützen. Die Beihilfe zur privaten Lagerhaltung kann auf Beschluss der Europäischen Kommission gewährt werden. Mit ihr soll einem durch Marktungleichgewichte ausgelösten Preisverfall auf dem Binnenmarkt entgegengewirkt werden.

Die Beschränkung der Zuckerpolitik der EU auf diese Instrumente hat in Verbindung mit der Öffnung des Binnenmarktes für Zuckereinfuhren aus zahlreichen Drittstaaten, darunter insbesondere aus vielen Entwicklungsländern, somit dazu geführt, dass die Europäische Union heute über einen der liberalsten Zuckermärkte der Welt verfügt.

Situation heute - ungleicher Wettbewerb im Weltmarkt

Der EU-Zuckermarkt ist einer der offensten Märkte der Welt. Etwa 100 Länder können derzeit entweder zollfrei oder zum günstigeren Zollsatz ihren Zucker in die EU einführen. Dabei steht der deutsche Zuckerrübenanbau in unfairem Wettbewerb mit anderen Zuckerproduzenten. Denn große zuckererzeugende Drittstaaten subventionieren ihre Exporte – in besonderem Maße die fünf größten Zuckererzeuger bzw. Zuckerexporteure auf dem Weltmarkt: Brasilien, Indien, Thailand, Australien und Mexiko. Oder sie verlagern – wie beispielsweise Brasilien – bei der entsprechenden Preiskonstellation an den Rohstoffmärkten ihre Produktion von Ethanol zu Zucker. Zu den zusätzlichen indirekten Subventionen gehören unter anderem hohe Mindestgarantiepreise für den heimischen Zucker, die Bereitstellung vergünstigter Kredite sowie die Quersubventionierung der Zuckerexporte. Die Folge dieser Subventionen: Der Weltmarktpreis für Zucker ist dramatisch gesunken.

Hiesige Zuckererzeuger müssen ohne Subventionen auskommen. Sie geraten auf dem EU Binnenmarkt unter erheblichen Preisdruck und können kaum gegen die subventionierten Importe aus Drittländern konkurrieren. Zudem sind rentable Zuckerexporte aus der EU unter diesen Bedingungen für sie nicht möglich.

Das führt dazu, dass sich die Zuckerwirtschaft heute in einer wirtschaftlich angespannten Situation befindet. Im Dezember 2017, kurz nach Abschaffung der Quotenregelung, unterschritt der von der Europäischen Kommission veröffentlichte durchschnittliche Preis für Weißzucker erstmals den Referenzschwellenwert von 404,40 Euro pro Tonne und erholt sich seitdem kaum bzw. schwer. Dieses historisch niedrige Preisniveau bedroht die Rentabilität der Zuckerwirtschaft und hat bereits Fabrikschließungen am eigentlich wettbewerbsfähigen Standort Deutschland nach sich gezogen.