#MeetTheBeet
An der Zuckerrübe hängen in ganz Deutschland über 40.000 Jobs. Neben den Arbeitsplätzen in der Fabrik und im Anbaubetrieb hängen an der Zuckerrübe beispielsweise auch Aufträge im Maschinen-Verleih, in der Saatgut-Herstellung, im Elektro-Service oder in der Forschung und in der verarbeitenden Lebensmittelproduktion.
Mit #MeetTheBeet wollen wir die Zuckerwirtschaft persönlich zeigen. Wer steckt eigentlich hinter der Rübe und dem Zucker? Wessen Einkommen hängt daran?
Scrollen Sie durch die folgenden Bilder und lernen Sie Gesichter hinter der Zuckerrübe kennen.
„In unserer Fertigung produzieren wir jede Woche zwei bis drei Rübenroder. Eine wichtige Einnahmequelle, die uns schmerzlich fehlen würde, gäbe es den Rübenanbau nicht mehr“, betont Michael Schmitzer, der in der Produktion bei Holmer arbeitet.
Diese Maschinen ermöglichen es den Rübenbauern, Felder in der Größe eines Fußballfeldes in nur 45 Minuten zu ernten. „Unsere Maschinen sind ein wichtiger Bestandteil der Zuckerproduktion. Während der laufenden Rübenkampagne sind sie oft 24 Stunden am Stück im Betrieb. Auch unsere Kollegen sind dann die ganze Nacht als Fahrer im Einsatz“, ergänzt Wolfgang Aumeier, der in der Entwicklung bei Holmer tätig ist.
Für Holmer steht immer mehr die technische Unterstützung der Fahrerinnen und Fahrer in den Kabinen im Fokus, denn diese tragen eine große Verantwortung für die Qualität der Rübenernte und sollen so weit wie möglich entlastet werden. Dafür werden innovative Assistenzsysteme wie „Easy Lifter“ in das Cockpit integriert. Das System erkennt, wie tief die Rüben im Boden stecken und passt danach automatisch die Höhe des sogenannten Scharkörpers an, mit dem die Rüben aus der Erde gehoben werden. So werden die Rüben und der Boden beim Ernten geschützt.
Aber die Bedeutung von Holmer geht weit über die Produktion von Maschinen hinaus. Das Unternehmen ist stolz darauf, einer der größten Arbeitgeber in Eggmühl/Schierling und der umliegenden Region zu sein. Das Unternehmen spielt eine entscheidende Rolle in der lokalen Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze für über 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Gegründet im Jahr 1969, hat sich Holmer schnell einen Namen gemacht. 1974 brachte das Unternehmen den ersten selbstfahrenden 6-reihigen Zuckerrübenvollernter auf den Markt. Seitdem haben mehr als 4.300 Rübenroder die Werkshallen von Holmer verlassen und sind in über 40 Ländern im Einsatz. Zuckerrüben und deren Ernte sind daher ein entscheidender Teil der DNA des Unternehmens – auch in der Zukunft.
Mit dem Terra Dos 5 hat Holmer die neueste Generation von Rübenrodern entwickelt, die den Fahrer und die Wirtschaftlichkeit in den Mittelpunkt stellt. Darüber hinaus bietet Holmer mit dem Terra Felis 3 evo einen selbstfahrenden Rübenreinigungslader und den gezogenen RRL 200 eco Bunkerlader an. Das Unternehmen hat sich auch im Bereich der bodenschonenden Ausbringung von Wirtschaftsdüngern und der Feldlogistik einen Namen gemacht.
Fun fact: Eine hohe Markenbekanntheit erreicht Holmer vor allem auch auf ungewöhnliche Weise – durch die Präsenz seiner Fahrzeuge in Spielesoftware wie dem Landwirtschaftssimulator. Spielerinnen und Spieler auf der ganzen Welt haben die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit und Innovation der Holmer-Maschinen virtuell zu erleben, und das hat dazu beigetragen, die Marke weltweit bekannt zu machen.
Seit 2016 gibt es in Tienen das SESvanderHave Innovation Center, kurz SVIC. Es ist eines der modernsten Forschungszentren Europas. „Auf einer Größe von vier Fußballfeldern forschen Wissenschaftler:innen stetig an neuen Zuckerrübensorten, die spezifisch auf die Regionen angepasst werden, in denen sie angebaut werden sollen.“, erklärt Dr. Hendrik Tschoep. „Normalerweise dauert der Entwicklungszyklus von Zuckerrüben-Saatgut etwa 24 Monate. Das liegt daran, dass Zuckerrüben im ersten Jahr nicht blühen, sondern erst im zweiten Jahr Samen bilden. Damit müssten wir sehr lange warten, bis wir sehen, ob eine neue Sorte wirklich die gewünschten Eigenschaften mitbringt. In unserem Innovationscenter können wir allerdings den gesamten Vegetationszyklus reproduzieren und dadurch neue Generationen von Saatgut in 8 bis 9 Monaten erzeugen. Neben den Gewächshäusern, in denen die Sonneneinstrahlung und Lichtintensität geregelt werden kann, gibt es Kältekammern, die für die Pflanzen den Winter simulieren. Dort herrschen kontinuierlich 5 bis 6 Grad. Den Kälteimpuls brauchen die Pflanzen nämlich, um Blüten auszubilden .“ Durch die Simulation von verschieden Witterungsbedingungen oder auch Schädlingssituationen lassen sich aber auch die Eigenschaften einer neuen Sorte genau abstimmen.
Saatgutzüchtung ist sehr speziell. „Daher haben wir uns schon früh auf Zuckerrüben fokussiert. Der Vorgang ist sehr komplex und bedarf einer hohen Spezialisierung“, erläutert Anna-Sophia Lengers. Um aber eine komplett neue Zuckerrübensorte zu entwickeln, benötigt man im Durchschnitt 8 bis 9 Jahre. In der Züchtung und bei der Sortenentwicklung benutzten wir klassische Methoden ohne GVO oder Genome Editierung. Die natürlich bestehenden genetischen Eigenschaften der Pflanzen werden aber natürlich im Labor mit neuesten, molekularen Methoden untersucht.“ Um eine neue Sorte zu züchten, wählen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zuerst Elternpflanzen mit bestimmten Eigenschaften aus. Mit den Pollen der Vaterpflanze bestäuben sie dann händisch die Mutterpflanze, um so neue Genkombinationen er erhalten.
„Ziel unserer Züchtung ist es, Sorten zu entwickeln, die ein hohes Ertragspotenzial und gute Resistenzen gegenüber Krankheiten haben“, so Anna-Sophia Lengers. „Im Moment machen etwa 3 bis 4 Virusarten dem Zuckerrübenanbau das Leben schwer. Und auch der Klimawandel ist ein Faktor, der in der Züchtung zukünftiger Sorten mitgedacht werden muss.“
Neben der Entwicklung von neuen Sorten, produziert SESvanderHave natürlich auch Saatgut für den praktischen Rübenanbau. Für die Aussaat braucht es dann eine ganze Menge. Auch hier wird durch die beschriebene Simulation eine schnellere Blüte von Zuckerrüben herbeigeführt. Dann heißt es aber auch in der Saatgutproduktion Hand anlegen. Diese Arbeit ist für das Team sehr anstrengend. Dr. Tschoep erzählt: „Auch wenn wir an bestimmten Stellen Robotik zur Unterstützung einsetzen, muss trotzdem noch viel Handarbeit geleistet werden. Zum Beispiel werden die Pollen bei der Handkreuzung mit der Pinzette eingesammelt. Diese Arbeit findet unter höchster Konzentration statt und kann nur maximal vier Stunden ausgeführt werden. Auch die Einarbeitungszeit ist lang: Je nach Aufgabe kann sie bis zu zwei Jahre dauern.“ Im Innovationszentrum arbeiten 30 bis 40 Personen, saisonbedingt können es bis zu 60 sein. Allerdings macht sich auch hier der Fachkräftemangel bemerkbar.
Anna-Sophia Lengers ist seit 2021 in der Geschäftsleitung von SESVanderHave Deutschland. Davor hat sie als Regionalleiterin im Verkauf und als Crop Mangerin bei SESVanderHave gearbeitet. Sie ist seit 2015 für das Unternehmen tätig.
Dr. Hendrik Tschoep ist seit 2008 bei SESVanderHave als Züchter tätig und seit 2019 Leiter der Forschung und Entwicklung. Er hat u.a. in Dresden, Potsdam und England studiert und war am Max-Planck-Institut tätig.
Schon seit 1912 backt Familie Klein Printen nach überliefertem Geheimrezept. „Printen enthalten keine Eier, kein Fett und kaum Wasser. Somit sind sie quasi ewig haltbar. Der besondere Geschmack kommt von den Gewürzen. Wir nutzen zum Beispiel Anis, Zimt, Koriander und Nelken“, erzählt Andreas Klein. Neben den Gewürzen ist Zucker die Hauptzutat der Printen. „Es werden drei Sorten Zucker in den Printen verarbeitet: Farinzucker, Zuckerrübensirup und Kandis. Der Rübenzucker dient dem Geschmack und der Kandiszucker ist es, der den Printen die unverkennbare knusprige Textur gibt. Den Zucker beziehen wird direkt aus der Region. Uns ist wichtig, regionale Produkte zu nutzen, genauso wie die Printe ein regionales Produkt ist.“ Der Printenbegriff ist nämlich geschützt: Aachener Printen sind von der EU in einem offiziellen Register eingetragen. Nur wenn der Keks in Aachen oder der direkten Umgebung produziert wurde, darf er Printe genannt werden.
Ihre Berühmtheit haben die Printen Napoleon zu verdanken. „Die 1806 von Napoleon verhängte Kontinentalsperre gegen England führte dazu, dass Honig und Rohrzucker aus Amerika nicht mehr erhältlich waren. Die Bäcker ersetzten auf Zucker und Sirup aus heimischen Zuckerrüben und die Regionalität der Rohstoffe gewann an Bedeutung“, erklärt Andreas Klein. „Früher wurden die Printen in Holzformen gepresst, um Heilige oder Soldaten darzustellen. Daraus ergibt sich auch der Name: Die Printen wurden so „bedruckt“. Durch die Verwendung von Zuckerrübenzucker und Sirup veränderte sich die Konsistenz des Teiges und er war zu hart, um ihn in die Formen zu pressen. Wir besitzen trotzdem noch viele dieser Formen, die weit über 100 Jahre alt sind.“
Die Printen werden das ganze Jahr über produziert, aber gerade in der Weihnachtszeit boomt der Verkauf. „Die Monate vor Weihnachten sind für uns am umsatzstärksten. Wir sind auch auf Weihnachtsmärkten in ganz Deutschland vertreten. Den Großteil verkaufen wir an Touristen. Printen sind ein weltweit gern gesehenes Mitbringsel aus Aachen. Und über unseren Onlineshop gehen sogar Bestellungen aus Australien und Japan ein“, so Andreas Klein.
Andreas Klein ist Bäckermeister und Geschäftsführer der Printenbäckerei Klein in Aachen. Er führt den Familienbetrieb in 4. Generation. Seine Bäckerei zählt zu einer der ältesten in Aachen und führt über 70 Sorten Printen im Sortiment.
„Der Zuckerrübenanbau steht vor neuen Herausforderungen. So haben wir vermehrt mit invasiven Schädlingen und Krankheiten zu tun, die vom Klimawandel profitieren und sich nun bei uns ausbreiten. Im NIKIZ Projekt, das steht für Nachhaltiges Insekten- und Krankheitsmanagement im Zuckerrübenanbau der Zukunft, suchen wir daher nach alternativen Möglichkeiten, um diese Schädlinge in den Griff zu bekommen. Gemeinsam mit der Praxis und der Forschung wollen wir Wege finden, um den Zuckerrübenanbau in der Region nachhaltig zu sichern“, erzählt Eva Therhaag.
„Einer der neuen Schädlinge ist die Schilf-Glasflügelzikade. Sie überträgt eine bakterielle Krankheit, das Syndrome Basses Richesses. Diese führt bei Zuckerrüben zu einem niedrigeren Zuckergehalt und damit zu enormen Ertragseinbußen – sie können bis zu 40 Prozent betragen“, ergänzt David Löffler. Die Nymphen der Zikade überwintern im Boden. Nach der Überwinterung beenden die Nymphen ihre Entwicklung im folgenden Frühjahr in Winterweizen. Aus den Weizenschlägen startet der Zikadenflug dann in angrenzende Zuckerrübenfelder bei der die Zikade das Bakterium durch Saugen an die Pflanzen überträgt. „Daher versuchen wir herauszufinden, ob ackerbauliche Methoden wie Pflügen und Grubbern Einfluss auf die Überlebensfähigkeit der Nymphen im Boden haben. Ebenso schauen wir, ob das Verändern der Fruchtfolge Erfolg verspricht. Daher stehen unsere Versuchszelte auch nicht im Rübenfeld, sondern zum Beispiel im Weizenschlag.“
„Wir als Verband wollen nicht warten, bis Lösungen von irgendwoher kommen. Wir wollen proaktiv an die Veränderungen herangehen und tun mit unserem Projekt genau das“, sagt Eva Therhaag. „Fünfzehn Landwirte sind als Partner dabei. Das Projekt läuft im Rahmen der Europäischen Innovations-Partnerschaft für Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-Agri) und erhält Landes- und europäische Mittel“, so Eva Therhaag.
Die Agrarwissenschaftlerin Eva Therhaag arbeitet im NIKIZ Projekt mit und ist seit knapp 1.5 Jahren für den Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer tätig. In dieser Rolle hat sie die Gründung der Forschungsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest begleitet und koordiniert diese.
David Löffler ist gelernter Gärtner Fachrichtung Gemüsebau und hat Gartenbauwissenschaften studiert. Gartenbau und vor allem der Gemüseanbau sind Themen, die ihm quasi in die Wiege gelegt wurden – denn auch seine Familie arbeitet in diesem Bereich. Seit Anfang des Jahres ist er Teil des NIKIZ Projekts.
„Aus Zuckerrübenschnitzeln, die bei der Zuckerproduktion anfallen, lässt sich Papier herstellen – und das sogar ziemlich gut! Die Zuckerrübe besitzt von Natur aus Eigenschaften, die sich bestens für die Papierherstellung eignen. Denn sie hat sehr stabile Fasern und enthält Pektin. Das sorgt dafür, dass das Papier sehr fest ist und sich auch für Verpackungen eignet. Aber auch in Punkto Nachhaltigkeit hat die Zuckerrübe entscheidende Vorteile: Rüben wachsen sehr viel schneller nach als Holz und sie werden lokal angebaut. Damit ist der Weg vom Feld zum Produkt besonders kurz, denn die Rübenschnitzel können sogar ohne Vorbearbeitung in die Papierfabrik gebracht werden,“ erklärt Jan Rops. „Anders als Holz enthalten Zuckerrüben auch kein Lignin. Damit ist die Herstellung zusätzlich weniger energieaufwändig und besser für die Umwelt.“
Jan Rops, 50, arbeitet als Produktmanager bei Crown van Gelder in den Niederlanden. Er studierte Chemical Engineering in Delft, Bilbao und London. Gemeinsam mit fünf weiteren Partnern hat Crown Van Gelder drei Jahre lang an dem Zuckerrübenpapier getüftelt, bis es serienreif war. 2022 wurden sie für ihre Erfindung in Barcelona mit dem EUROSAC Grand Prix ausgezeichnet. Heute sind zwölf Personen an der Forschung bei Crown Van Gelder beschäftigt.
„Durch einheitliche Subventions- und Pflanzenschutzregeln muss sie für deutsche Anbauer wieder rentabel werden. Außerdem braucht es mehr Anerkennung für ihre Umweltleistungen – denn die Rübe auf dem Acker macht Böden und Grundwasser besser. Wenn die Rübe und die Fabriken aus Deutschland verschwinden, brauchen wir Zucker aus anderen Ländern. Und das ist weder gut für unsere Wirtschaft noch für die Umwelt“, sagt Claus Comberg, 64 Jahre alt.
Claus Comberg ist selbst Landwirt und zugleich Vorsitzender des Maschinenrings Rheinland-Ost. Als Verleiher von Erntemaschinen tätigt er große Investitionen in nachhaltige Technologien – auch für die Rübenernte –, die sich auch künftig noch lohnen müssen. Die Fabriken dürfen nicht aus dem ländlichen Raum verschwinden. Sonst sind auch Jobs wie seiner in Gefahr.
„Aus meinen Zuckerrüben wird mehr als nur Zucker. Die Zuckerfabrik liefert mir auch Futter für meine Kühe. Wenn ich Rübenschnitzel im Frühjahr bestelle, weiß ich dass ich im Herbst diese Menge bekomme. So brauche ich kein weiteres Futter selbst anbauen und habe Planungssicherheit. Bei Maisschnitzeln ist das nicht so, das ist schwankungsanfällig. Mein Hof lebt daher von der Rübe – und das soll auch weiterhin so bleiben“, erklärt Gustav Ahrens.
Auf dem Hof von Gustav Ahrens leben ca. 50 Milchkühe und Kälber. Auf seinen Feldern baut er unter anderem Zuckerrüben an. Ein gutes Zusammenspiel. Denn er bekommt eine Teilmenge der Zuckerrüben, die er an die Fabrik liefert, als Pressschnitzel zurück. Und davon isst alleine eine Kuh 25 kg am Tag. Sie haben nicht nur einen hohen Energiegehalt, sondern schmecken den Kühen auch sehr gut. Der Zuckerrübenanbau ist für ihn – und seine Kühe – daher überlebenswichtig.
„Die Zuckerfabrik in Könnern ist einer der wenigen Industriestandorte in der Region und bietet gut bezahlte Arbeitsplätze mit optimalen Konditionen. Und es ist ein Job mit Zukunft. Als ich 2005 meine Ausbildung hier beginnen konnte, war das wie ein Sechser im Lotto“, so Deigfuß.
Nico Deigfuß arbeitet heute in der Veredlung. Das ist die Abteilung in einem Zuckerwerk, in der Zucker in verschiedene Verpackungsgrößen abgepackt wird – vom Kilopaket für den Supermarkt über große Säcke bis hin zum Beladen von ganzen LKW mit losem Zucker. In der Veredlung werden aber auch besondere Zuckersorten produziert, beispielsweise Würfelzucker. Hier hat Deigfuß nach der Ausbildung begonnen. Über 22 Tonnen Würfelzucker werden in Könnern pro Tag hergestellt. Um das zu schaffen, darf das Band so gut wie nie stillstehen. Dafür ist der Anlagenfahrer zuständig. Er muss jedes Detail der Maschine kennen und stets die Qualität des Produkts überprüfen. Inzwischen hat sich Nico Deigfuß in alle Bereiche der Veredlung eingearbeitet. Ob im Leitstand, wo die Verteilung des gesiebten Zuckers auf die verschiedenen Verpackungsanlagen stattfindet, oder an den Anlagen direkt, er kann als „Super-Springer“ überall eingesetzt werden.
„Die Zuckerfabriken waren früher ein Teil der Identität des Ortes, das ist heute leider nicht mehr so. Für mich und meine Familie bedeutet die Zuckerrübe aber weiterhin viel. Wir bauen sie nicht nur für die Zuckerfabrik an, sondern auch für unsere Biogasanlage, die ich mit vier weiteren Landwirten aus der Region betreibe. Eine wichtige Zusatzeinnahme für uns alle“, so Landwirt Christoph-Heinrich Möller.
3.000.000 Kubikmeter Biomethan erzeugt die Biogasanlage von ihm und seinen Kollegen jedes Jahr. Produziert wird das Biogas unter anderem durch Zuckerrüben, die nach der Ernte übrigbleiben. Die Zuckerrübe eignet sich deshalb so gut dafür, weil sie sehr viel Wasser enthält und dadurch das Rühren erleichtert und so weniger Energie verbraucht wird. Daneben ist der Zucker ein idealer Nährboden für die Bakterien. Und der gesamte Prozess, den Möller und seine Kollegen entwickelt haben, ist sogar besonders ressourcenschonend. Das Gärsubstrat tragen sie nach der Gärung auf die Äcker als Dünger auf. Ein nachhaltiger Kreislauf also.
„Ich selbst baue bewusst viele Feldfrüchte an, die sich gegenseitig unterstützen. Dazu gehören: Kartoffeln, Möhren, Buschbohnen, Winterweizen, Wintergerste, Futtermöhren, Körnermais, Grünerbsen, aber eben auch Zuckerrüben. Und die dürfen nicht aus der Fruchtfolge verschwinden“, so Hubertus Velder.
Bereits in der 7. Generation führt Hubertus Velder seinen Hof – bald übernimmt die 8. Und die setzt dann sicher auch sein Handeln fort: Seit über 30 Jahren baut Velder schon Blühstreifen an. Und die sind nicht nur wertvoll für Bienen, sondern auch für andere Insekten. Nutzinsekten wie Marienkäfer. Und das ist mit Blick auf den Pflanzenschutz sehr hilfreich. Blühstreifen fördern die Antagonisten der Schädlinge. So lassen sich diese natürlich bekämpfen.
„Konditorei verstehe ich als ein echtes Geschmackshandwerk. Macarons, Eis und natürlich besonders unsere Törtchen sind das Aushängeschild unserer Konditorei TörtchenTörtchen. Bei der Herstellung unserer Spezialitäten spielt Zucker eine tragende Rolle im Geschmack, aber auch für die optimale Konsistenz. So brauchen wir bei der Eisherstellung zwangsläufig immer ein bestimmtes Verhältnis von Zucker – und auch Macarons gelingen nicht zuckerreduziert“, so Matthias Ludwigs.
Er ist gelernter Konditormeister und eines der bekanntesten Gesichter der Branche. So wurde er 2009 zum Patissier des Jahres ausgezeichnet und ist regelmäßig im Fernsehen zu sehen. In Köln führt er als Chefpatissier die Konditorei TörtchenTörtchen mit 40 Mitarbeitern.
„Ich halte an der Zuckerrübe fest aus Tradition und, weil sie mit den sehr guten Erträgen auf unsere Böden gehört. Heute stellen aber leider die niedrigen Preise, die wir Landwirte für die Zuckerrübe bekommen, eine große Last für die Rentabilität dar. Das ist auch verbunden mit viel Unsicherheit. Was ich mir deshalb von der Politik wünsche, sind Gesetze, die es ermöglichen verantwortungsvoll und nachhaltig wirksamen Pflanzenschutz zu nutzen, den wir heute und auch für die Zukunft brauchen“, sagt Henning Rühmann.
200 Hektar Fläche und sehr viel Tradition: Der Agrarökonom Henning Rühmann führt den Hof seit 2015 mit. Nachweislich betreibt Familie Rühmann seit bereits 1567 Landwirtschaft – und schon seit 150 Jahren werden auch Zuckerrüben angebaut. Heute wachsen sie dort immer noch, auf knapp einem Viertel der gesamten Fläche. Das soll auch zukünftig so bleiben, dafür muss sich der Anbau für Landwirte wie Rühmann aber auch rechnen.
„Im familiengeführten Stadtcafé Sander verarbeiten wir viele Produkte – unter anderem auch Zucker. Zum Beispiel für eine unserer Spezialitäten: den Baumkuchen. Zucker ist hier vor allem für die Konsistenz, aber auch den perfekten Geschmack des Kuchens sehr wichtig. Ohne Zucker geht es nicht. Auch Marzipan können wir nicht herstellen, ohne Zucker zu verwenden. Am Ende ist das richtige Maß entscheidend. Torten oder Kuchen brauchen aber Zucker“, sagt Friedhelm Großenbeck, 61 Jahre alt und stellvertretender Obermeister der Konditoren-Innung Rhein-Ruhr.
Er und seine Frau betreiben in 7. Generation das Stadtcafé Sander in Mülheim an der Ruhr – mit eigener Konditorei. Als Ausbildungsbetrieb sorgen die Beiden und ihr Team auch weiter für Konditorennachwuchs. Und der lernt hier viel: Neben Baumkuchen gehören auch handgemachte Pralinen zu den Spezialitäten des Hauses.
„Ich bin ein großer Fan der Zuckerrübe: Sie ist sehr umweltverträglich, da sie sehr gut den Stickstoff im Boden bindet. Ich bin außerdem begeistert davon, wieviel Sauerstoff so ein Zuckerrübenfeld produziert. Auf meinen Zuckerrübenfeld beobachte ich im frühen Stadium der Frucht außerdem viele Vögel. Denn die Felder bieten ihnen ein gutes Lebensumfeld. Dennoch: Die Zuckerrübe steht unter sehr großen wirtschaftlichen Druck. Und das trotz all dieser Leistungen. Das muss sich wieder ändern“, so Niels Kynast.
Niels Kynast, 45, konzentriert sich auf seinem Hof vor allem auf den Anbau von Kartoffeln und Zuckerrüben. Außerdem haben 70 Hühner auf seinem Hof ein Zuhause. Die Zuckerrübe ist besonders als Vorfrucht für ihn sehr gut geeignet – auch weil sie wenig Stickstoff benötigt. Rübenanbau bedeutet heute aber auch, mehr machen zu müssen. Denn die Erträge sinken und die Preise fallen. Das belastet heute viele Höfe.
„Ich forsche seit mittlerweile vier Jahren in einem Projekt zum Thema Vergilbungsviren. Fehlende Pflanzenschutzmittel und auch der Klimawandel tragen dazu bei, dass dieses Thema immer wichtiger wird –Viruskrankheiten und ihre Überträger sind in Europa auf dem Vormarsch. Wir untersuchen, welche Viren der Zuckerrübe gefährlich werden können und welchen Einfluss sie auf das Pflanzenwachstum haben“, sagt Dr. Hossain. „Dafür arbeiten wir an methodischen Ansätzen zur Entwicklung resistenter Sorten. In Gewächshaustests und auf dem Feld prüfen wir die Rüben auf mögliche Virusresistenzeigenschaften.“
Dr. Roxana Hossain ist Agrarwissenschaftlerin am IfZ in Göttingen. Ihr Fachgebiet ist die Phytomedizin mit Schwerpunkt Virologie und sie forscht als Postdoktorandin gemeinsam mit Prof. Dr. Mark Varrelmann.
„Ich kenne fast alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hier im Werk mit Namen und habe das Ohr in allen Abteilungen. Denn in die Kantine kommen alle. Es ist wie eine kleine Familie. Ein toller Job mit Tariflohn und geregelten Arbeitszeiten, bei dem sich Familie und Beruf gut vereinen lassen.“
Nicole Hause arbeitet seit 2010 bei Pfeifer & Langen. Nach der Planung des Tages beginnt ihre Arbeit mit der Vorbereitung von Sitzungen im Werk. Auch die Frühstücksauslage für die Belegschaft wird vorbereitet. Dann folgt das Mittagessen. Das bestellen Werksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter vor Ort oder per App vorab. Über 100 verschiedene Gerichte gibt es zur Auswahl. Sie werden extern vorproduziert. Einmal in der Woche macht Nicole Hause eine Großbestellung beim Caterer. Sie weiß, welche Gerichte Dauerbrenner sind und welche Neuheiten probiert werden können. Abwechslungsreich muss es in jedem Fall sein. Denn Kollegen und Kolleginnen in hauptsächlich sitzenden Positionen haben andere Bedürfnisse als die mit körperlich anstrengenden Jobs. Nicole Hause liebt ihren Job auch für das Zwischenmenschliche. „Die Kantine ist wie die Schnittstelle im Werk – hier kommen alle hin. Es ist interessant, dabei die Entwicklung von Menschen mitzuerleben, die hier zum Beispiel als Azubi beginnen.“
Nachhaltige Rohstoffe sind die Zukunft – so lautet die Devise des Fraunhofer-Zentrums für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP. „Das CBP ist das Bindeglied zwischen der Grundlagenforschung und der Industrie. Wir helfen mit unseren Pilotanlagen neue Werkstoffe und Produkte zu entwickeln und auf dem Markt zu bringen, auch Mittelständlern aus der Region,“, erzählt Dr. Unkelbach. „Ein Beispiel hierfür sind neue Biopolymere, die aus dem Zucker der Zuckerrüben hergestellt werden. Mit einem hohen Anteil an Kreide gemischt und verarbeitet fühlt es sich an wie Porzellan – ist aber biobasiert und biologisch abbaubar.“
Dr. Gerd Unkelbach, 42, begann seine Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Umwelt-Engineering des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie in Pfinztal und ist seit 2012 der Leiter des Fraunhofer CBP in Leuna. Seit 2019 koordiniert er zusätzlich das Geschäftsfeld »Nachhaltige Chemie« am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB zu dem das CBP gehört.
„Wir sollten ihn erhalten und uns nicht in Import-Abhängigkeit bringen. Das kann nur mit mehr Akzeptanz für uns Landwirte – politisch und gesellschaftlich – gelingen. Und nur mit den gleichen Regeln in der gesamten EU. Umweltschutz ist wichtig, gerne setzen wir freiwillig Maßnahmen wie Blühstreifen um. Dennoch ist Einheitlichkeit dieser und weiterer Maßnahmen zukünftig von Bedeutung. Das ist heute nicht der Fall. Die Politik muss sich also entscheiden, was sie will: zwei Leute, die blühende Wiesen pflegen, oder ein Land, dass die Leute (oder: auch noch die nächsten Generationen) ernährt“, fordert Christian Piel.
Christian Piel übernahm bereits 1996 den Hof von seinen Eltern – mit Zuckerrüben. Landwirtschaft bedeutet für ihn Spaß und Leidenschaft – und das hat er wohl auch seiner Familie vererbt. Auch Piels Tochter studiert derzeit Landwirtschaft. Ob sie den Hof künftig übernehmen kann, wird sich zeigen. Damit sich Landwirtschaft auch zukünftig lohnt, muss sich nämlich einiges verändern.
„Unsere Inspiration hier bei Pure Pastry ist die französische Pâtisserie“, sagt Tim Tegtmeier. Ob zart schmelzende Schokolade, bunte Pralinen oder süßes Dessert – in der Pâtisserie ist der Zucker ein elementares Element. „Darauf verzichten kann man in der Pâtisserie wirklich nicht. Das Ziel ist es aber, die Produkte nicht zu süß werden zu lassen – schließlich soll man auch zwei Stück davon essen können“.
Gegründet wurde Pure Pastry 2015, als Tim Tegtmeier mit seinen Kreationen in die Kaffeerösterei seiner Mutter Ursula Wiedenlübbert einstieg. Zuvor war der Pâtissier des Jahres 2015 unter anderem für die Sterneköche Christian Bau und Joachim Wissler tätig. Sein dort erworbenes Wissen gibt Tegtmeier nun mit großem Erfolg an seine fünf Azubis weiter, wobei er besonderen Wert auf eine moderne Ausbildung mit neuen Techniken und Geschmäckern legt.
„In unserem digitalen Experimentierfeld FarmerSpace zeigen wir, wie in Zukunft der Alltag in der Landwirtschaft aussehen könnte. Unser Fokus ist dabei der digitale Pflanzenschutz“, erzählt Streit. „Wir testen zum Beispiel kameragestützte Messroutinen und Hackroboter oder evaluieren Feldsensorik. Denn je besser wir den Zustand der Zuckerrübe verstehen, um so zielgerichteter können die Pflanzen vor Krankheiten und vor Konkurrenz durch Unkräuter geschützt werden. Möglichkeiten zur Reduktion der ausgebrachten Pflanzenschutzmittel oder alternative Verfahren werden für die Praxis entwickelt“, ergänzt Koops.
Sebastian Streit ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am IfZ. Sein Schwerpunkt ist die Phytomedizin. Dirk Koops ist wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter und arbeitet seit 2020 am IfZ. Beide forschen im BMEL-geförderten Projekt FarmerSpace.
Mehr zum Thema Pflanzenschutz im Zuckerrübenanbau gibt es hier.
„Gute Bonbons – oder Bonschen, wie wir in Bremen sagen – sprechen beim Verzehr immer viele Sinne auf einmal an. Nicht nur der Geschmack muss stimmen, sondern auch der Geruch, das Geräusch beim Zerkauen und das Gefühl, wenn man ein Bonbon aus der Verpackung nimmt. Denn gute Bonbons sind ein echtes Erlebnis“, erzählt uns Dennis Allerheiligen. In der Bremer Bonbon Manufaktur werden daher alle Bonbons selbst von Hand hergestellt. Zucker ist dabei die Hauptzutat: 45 – 50kg verarbeiten sie am Tag. „Bonbons bestehen zu 98 Prozent aus Zucker. Zur Herstellung unserer Bonschen nutzen wir weißen Raffinadezucker, denn der löst sich am besten und bringt die bunten Farben der Bonbons am besten zur Geltung.“
Dennis Allerheiligen, 35, ist gelernter Konditor und arbeitet bei der Bremer Bonbon Manufaktur. Gegründet wurde sie 2009 von Chefin Sabine Marquardt, die das Handwerk in Skandinavien für sich entdeckt und anschließend erlernt hat. In eigens angebotenen Workshops können Teilnehmende regelmäßig selbst zu Zuckerbäckern werden und eigene Bonbons herstellen.