EU-Mercosur-Abkommen wird Krise im Zuckersektor verschärfen
Berlin, 03.07.2019 – Das geplante Freihandelsabkommen soll den Mercosur-Staaten einen zollfreien Zugang zum EU-Markt von insgesamt 190.000 Tonnen Zucker jährlich gewähren. Dies entspricht der Produktion einer deutschen Zuckerfabrik. Deutsche Rübenanbauer und Zuckerunternehmen haben schon heute mit Wettbewerbsverzerrungen durch eine ungleiche Pflanzenschutz- und Subventionspolitik innerhalb der EU und auf dem Weltmarkt zu kämpfen. „Erneut wurde ein Freihandelsabkommen auf Kosten der EU-Zuckerwirtschaft ausgehandelt. Statt wirksamer Maßnahmen gegen die unfairen Wettbewerbsbedingungen verschärft die EU-Kommission mit den Zugeständnissen an die Mercosur-Staaten die Krise auf dem heimischen Zuckermarkt. Anbauer und Produzenten brauchen stattdessen endlich politische Entscheidungen gegen unfairen Wettbewerb“, fordert Dr. Hans-Jörg Gebhard, Vorsitzender der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker.
Die EU wird die Einfuhrzölle auf 180.000 Tonnen des bestehenden brasilianischen Kontingents von 98 EUR/Tonne auf null senken und ein zollfreies Kontingent für paraguayischen Zucker von 10.000 Tonnen einführen. Der zollfreie Zugang wird dazu führen, dass der gesamte Zucker auch bei derzeit sehr niedrigen Preisen in die EU eingeführt wird. Währenddessen greift die brasilianische Regierung mit Subventionen im Wert von jährlich etwa 2,5 Milliarden US-Dollar in den Markt ein. Dieser unfaire Wettbewerb sorgt dafür, dass der Preis für den Zucker weiter gedrückt wird und der Rübenanbau kaum mehr wirtschaftlich ist.
Gleiche Sozial- und Umweltstandards für alle Freihandelspartner schaffen
Europäischer Zucker wird nach den höchsten Umwelt- und Sozialstandards der Welt hergestellt. Die Auflagen werden sogar immer strenger, wie sich an den Beschränkungen für Pflanzenschutzmittel gerade in Deutschland ablesen lässt. In Brasilien wurden diese Auflagen hingegen gelockert. Brasilianischer Zucker – produziert zu niedrigeren Standards – droht den europäischen Zucker damit auf Dauer zu verdrängen.
Politik muss Verantwortung für die Folgen übernehmen
Der deutsche Zuckersektor leidet unter einer beispiellosen Krise. Sieben Fabrikschließungen wurden für Europa bereits angekündigt, darunter zwei in Deutschland. Die jetzige Öffnung bedroht die nächste Fabrik in Europa. Schuld an der Krise sind politisch geförderte unfaire Wettbewerbsbedingungen auf dem EU- und Weltmarkt, die ganz besonders die eigentlich wettbewerbsstärksten Standorte wie Deutschland bedrohen. Mit der weiteren Öffnung des mittlerweile deregulierten, europäischen Binnenmarktes für subventionierten Zucker aus Drittländern wird der Druck auf den Sektor noch erhöht.
„Um der innereuropäischen Krise zu begegnen, fehlt es den politischen Institutionen bisher ganz offenbar an echtem Willen. Die von EU-Agrarkommissar Hogan bereits angekündigten Mittel für Begleitmaßnahmen zur Strukturanpassung wären das Mindeste, was die High Level Group der Europäischen Kommission aufnehmen müsste. Damit würde wenigstens die politische Verantwortung für die sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen dieser Politik im ländlichen Raum angenommen“, fordert Günter Tissen, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker.