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11.07.2019

Ergebnisbericht High Level Group: Echter politischer Wille zur Lösung der beispiellosen Zuckerkrise ist nicht erkennbar

Der Europäische Agrarrat wird sich am 15. Juli mit dem Ergebnisbericht der von Agrar-Kommissar Hogan eingesetzten High Level Group zur Lage des EU-Zuckersektors befassen. Dazu äußert sich die deutsche Zuckerwirtschaft:

Der Zuckersektor in Deutschland steckt in einer tiefen Krise. Die wesentlichen Gründe sind lange bekannt: Die ungleiche Praxis bei gekoppelten Zahlungen und Pflanzenschutzmitteln innerhalb der EU sowie der künstliche Preisdruck durch subventionierten Zucker aus Drittstaaten. In diesen zentralen Punkten empfiehlt die EU-Expertengruppe nur die Beobachtung bzw. strikte Prüfung dieser politisch gemachten Wettbewerbsverzerrungen. Das reicht bei weitem nicht, um diese Krise zu bewältigen.

Auch die übrigen Maßnahmen legen die Vermutung nahe, dass der Ernst der Lage nicht erkannt worden ist: Mehr Bürokratie durch Bildung zusätzlicher Organisationen für den Rübensektor oder durch Erhebung weiterer Marktdaten in einem Sektor, der ohnehin schon sehr transparent ist, belastet die Zuckerwirtschaft zusätzlich. Bessere Ergebnisse werden dadurch nicht erzielt. Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen liefern ihre Ergebnisse erst, wenn bei anhaltender Krise bereits große Teile des Sektors verloren gegangen sind. Eine Diversifizierung im Rübensektor ergibt wiederum nur dann Sinn, wenn die Wettbewerbsverzerrungen zuvor abgestellt sind. Solange Unternehmen und Rübenanbauer durch die anhaltende Krise keine Einnahmen erzielen, hilft keine dieser Maßnahmen unmittelbar.

Der EU-Kommission fehlt offensichtlich auch der echte politische Wille, zur Lösung der Zuckerkrise beizutragen. Statt Verantwortung zu übernehmen, verschärft die Kommission die Krise sogar – zuletzt durch das geplante Mercosur Freihandelsabkommen. Mit den Einfuhrzugeständnissen für Zucker und Ethanol von insgesamt 1,5 Millionen Tonnen Zuckeräquivalent sind über die bereits angekündigten Fabrikschließungen hinaus potentiell weitere sieben bis zehn Zuckerfabriken von der Schließung bedroht. Allein das wäre ein Verlust an Bruttowertschöpfung in Höhe von mindestens 1 Milliarde Euro und würde zudem mindestens 22.000 Arbeitsplätze betreffen.* Ländliche Räume wären am stärksten betroffen.

Wir brauchen keine noch genauere Analyse und noch langwierigere Prüfungen möglicher Maßnahmen. Die Politik muss jetzt endlich Verantwortung übernehmen. Die Wettbewerbsverzerrungen müssen abgeschafft, Einfuhrzugeständnisse für subventionierten Zucker verhindert und die Strukturanpassungen flankiert werden – die GAP Reform ist nur ein Anlass dafür. Hier sehen wir auch die Bundesregierung in der Pflicht, nicht nur Warnungen vor dem Aus des deutschen Zuckerrübenanbaus auszusprechen“, fordert Dr. Hans-Jörg Gebhard, Vorsitzender der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker.

 

* Berechnungen auf Grundlage von: Scholz, Benke, Bergmann, Cramer: The Economic Contribution of the EU Sugar Industry in 2017. Forschungsbericht des WiFOR-Instituts, Juni 2019.

Bericht der High Level Group: Vollständiger Bericht hier einsehbar; Zusammenfassung hier